StVG §§ 7, 17, 18; BGB § 823 Abs. 1
Amtliche Leitsätze
1.) Die Haftung nach § 7 StVG endet, wenn d. PKW auf einem Privatgrundstück verkehrsmäßig ordnungsgemäß abgestellt ist. Dazu genügt bei einem PKW mit Automatikgetriebe grds. die Einstellung der Parkposition "P" und das Feststellen der Handbremse.
2.) Allein aus dem Abstellen eines PKWs auf einer möglicherweise eis- oder schneeglatten Fläche an einem Gefälle ist kein schuldhaftes Verhalten zu folgen.
LG Detmold, Urt. v. 14.04.2010, 10 S 150/09
Sachverhalt
Der Kläger begehrt von den Beklagten Schadensersatz aus einem Vorfall vom 23.12.2007 auf dem Parkplatz des Hotels M in C.
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Der Kläger stellte seinen Pkw Volvo mit dem amtlichen Kennzeichen LIP-XX 11 gegen 11.00 Uhr in einer von fünf nebeneinanderliegenden Parkbuchten rechtsseitig der Hotelzufahrt, welche eine Steigung von 10 % aufweist, ab.
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In der Nacht vom 22. auf den 23.12.2007 hatte es gefroren. Es war zudem Schnee gefallen. Der Parkplatz des Hotels war nicht geräumt oder gestreut worden, so dass auf der Hotelzufahrt und den Bürgersteigen eine dünne Schneedecke und Straßenglätte vorhanden waren.
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Der Beklagte zu 1.) parkte seinen Pkw BMW mit dem amtlichen Kennzeichen HF-BB 42 kurz nach 11.00 Uhr in der Parkbucht oberhalb des Fahrzeugs des Klägers. Er stellte das Automatikgetriebe in die Position "P", zog die Handbremse an und ließ die Vorderräder nach links eingeschlagen.
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Gegen 14.20 Uhr stellte der Kläger fest, dass das Fahrzeug des Beklagten zu 1.) ca. 70 – 80 cm seitwärts und leicht nach hinten versetzt abgerutscht und gegen die linke Fahrzeugseite seines Pkw geprallt war. Der rechte Kotflügel des Fahrzeugs des Beklagten zu 1.) befand sich in Höhe der Fahrertür des klägerischen Pkw, wobei dieser durch das Beklagtenfahrzeug nicht weggedrückt worden war und sich nach wie vor innerhalb der gekennzeichneten Parkfläche befand. Durch den Abschleppdienst der Fa. S wurden die Fahrzeuge voneinander getrennt, wobei der Pkw des Klägers durch den Abschleppwagen 30 cm seitwärts nach unten verschoben wurde.
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Der Kläger begehrt von den Beklagten Reparaturkosten in Höhe von 1.838,27 € netto gemäß Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. C3 vom 30.12.2007 sowie Gutachterkosten in Höhe von 376,04 € brutto und eine Kostenpauschale von 25,-- €.
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Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, der Beklagte zu 1.) habe seinen Pkw nicht ordnungsgemäß gesichert. Er hat die Auffassung vertreten, ein Verschulden des Beklagten zu 1.) sei daraus zu folgern, dass es nicht gelungen sei, das klägerische Fahrzeug nach dem Zusammenprall zu bewegen. Der Beklagte zu 1.), der Kenntnis von der Wetterlage besessen habe, habe sich auf alle Eventualitäten einstellen und insbesondere berücksichtigen müssen, dass er sein Fahrzeug bei glattem Untergrund auf einem Gefälle abgestellt habe.
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Der Kläger hat in I. Instanz beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 2.239,31 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.01.2008 zzgl. vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 148,33 € zu zahlen.
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Die Beklagten haben in I. Instanz beantragt, die Klage abzuweisen.
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Sie haben im Wesentlichen vorgetragen, der Pkw des Beklagten zu 1.) sei nicht in Betrieb gewesen. Es habe sich ein gänzlich unwahrscheinlicher Schadensverlauf ereignet, mit dem der Beklagte zu 1.) nicht habe rechnen können und müssen.
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Das Amtsgericht hat nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengut- achtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. S vom 20.02.2009 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen des § 7 StVG seien nicht gegeben, denn ein Betrieb eines Kraftfahrzeugs habe nicht vorgelegen. Die Fahrzeuge hätten sich außerhalb des öffentlichen Verkehrs befunden. Das Fahrzeug des Beklagten sei auch ordnungsgemäß durch das Stellen der Automatik auf die Position "Parken" in der gekennzeichneten Parkfläche geparkt worden. Ein schuldhaftes Verhalten des Beklagten zu 1.) habe nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden können. Ein Verschulden durch nicht ausreichende Sicherung des parkenden Fahrzeugs sei nicht gegeben. Die Kombination von glatter Fläche auf dem Parkplatz, dem Gefälle und seitlich neben dem Beklagtenfahrzeug auftretendem Blitzeis sei eine so unwahrscheinliche Kombination, dass der Beklagte zu 1.) über die von ihm vorgenommenen Sicherheitsvorkehrungen hinaus keine weiteren Vorkehrungen habe treffen müssen. Aus dem Abstellen des Pkw auf einer möglicherweise eis- oder schneeglatten Fläche an einem Gefälle könne kein schuldhaftes Verhalten des Beklagten zu 1.) folgern, andernfalls träfe den Kläger gleiches Verschulden.
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Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 21.07.2009 bei Gericht eingegangenen Berufung sowie der – nach Verlängerung der Berufungs- begründungsfrist – am 29.09.2009 eingegangenen Berufungsbegründung.
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Der Kläger macht unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens I. Instanz im Wesentlichen geltend, die Annahme des Amtsgerichts, dass sich das Fahrzeug des Beklagten nicht "in Betrieb" befunden habe, sei unzutreffend. Darüber hinaus hafte der Beklagte zu 1.) sowohl nach § 18 StVG als auch aus Delikt. Das Gericht sei aufgrund einer falschen Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beklagte zu 1.) die Auswirkungen der Kombination von glatter Fläche, Gefälle und Änderung der Außentemperatur nicht habe voraussehen müssen. Der Beklagte zu 1.) hätte sein Fahrzeug weiter absichern müssen. Dass er dies nicht getan habe, begründe den Fahrlässigkeitsvorwurf.
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Der Kläger beantragt,
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unter Abänderung des am 19.06.2009 verkündeten Urteils des Amtsgerichts
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Lemgo – Az: 19 C 45/08 – die Beklagten als Gesamtschuldner zu ver-
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urteilen, an ihn 2.239,31 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
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über dem Basiszinssatz seit dem 16.01.2009 zzgl. vorgerichtliche Rechts-
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anwaltskosten in Höhe von 148,33 € zu zahlen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Der Beklagte zu 1.) habe das seitliche Abrutschen seines BMW in der gesamten Länge ebenso wenig vorhersehen wie verhindern können. Es sei nicht ersichtlich, welche zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen er hätte ergreifen sollen, um den Schadenfall zu vermeiden. Insbesondere hätte ein Lenkeinschlag in die Gegenrichtung oder auch eine gerade Position der Vorderräder das seitliche Abrutschen des BMW nicht verhindern können.
Entscheidungsgründe
LG Detmold, Urt. v. 14.04.2010, 10 S 150/09